Kreislaufwirtschaft
25.11.2024 Kältetechnik Expert Insights

Kreislaufwirtschaft

Aktuelles zur Einstimmung: 16.04.2024 - China und Deutschland starten Dialog zu Kreislaufwirtschaft und Ressourceneffizienz ... Bundesumweltministerin Steffi Lemke und Zheng Shanjie, der Leiter der Staatlichen Kommission für Entwicklung und Reform (NDRC), haben heute in Peking einen Aktionsplan für einen strategischen Dialog zu den Themen Kreislaufwirtschaft und Ressourceneffizienz unterzeichnet. Mit dem Aktionsplan wollen beide Länder ihre umweltpolitische Zusammenarbeit vertiefen und Impulse für konkrete Kooperationen im Umweltbereich setzen.

Graphische Darstellung einer Kreislaufwirtschaft in den Farben grün und blau

Mensch & prähistorische Circular Economy

Viele Abläufe sind den Menschen im besten Sinne des Wortes „naturgemäß“ bewusst, ohne diese in epischer Breite thematisieren zu müssen.

Auch in diesem Falle. Eigentlich führt das Bewusstsein, bereits gebrauchte Dinge, Materialien usw. im Sinne eines Kreislaufs wiederzuverwerten, „back to the roots“. Denn die „Steinzeitmenschen“ waren in dieser Beziehung weiter als wir es uns heute in der hochtechnisierten Gegenwart vorstellen können.

Dies zeigt die von der Universität Tübingen prämierte Dissertation „The recycling phenomenon during the Lower Palaeolithic: the case study of Qesem Cave (Israel)“ der Archäologin Dr. Flavia Venditti. Darin untersucht sie die gezielte Herstellung kleiner Schneidgeräte aus unbrauchbar gewordenen größeren Geräten und deren vielfältige Verwendung vor 400.000 Jahren.

Ausgangslage

Je mehr Menschen auf der Erde leben, umso größer werden der Ressourcen-Bedarf, die Müllberge und der Ausstoß von Klimagasen. In Zukunft reicht es bei Weitem nicht mehr aus, Rohstoffabbau und Materialverarbeitung effizienter zu gestalten. Eine Verschwendung von Ressourcen kann sich die Menschheit nicht mehr länger leisten. Das hat sowohl ökologische als auch ökonomische Gründe und Folgen: Werden Ressourcen knapp, werden sie teuer und unerschwinglich. Kreislaufwirtschaft muss zur Grundlage des Wirtschaftens werden. Der entsprechende Maschinen- und Anlagenbau ist hierfür grundlegend.

Ministerien, Organisationen für Normen, Industrieverbände, Forschung und Umweltschutzorganisationen sind sich wohl alle einig, dass das Thema von höchster Bedeutung ist.
„Ändern sich die heutigen Produktions- und Konsummuster nicht, sind Ressourcenknappheit,
 
Umweltverschmutzung, Verlust der Artenvielfalt und ein verstärkter Klimawandel die Folgen.“ (DIN DKE VDI)

 

Chronologie der rechtlichen Grundlagen

Die Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaft vom 15. Juli 1975 über Abfälle formuliert bereits die Notwendigkeit die Abfallbildung einzuschränken, Abfälle wiederzuverwenden und zu verwerten.

Im September 1994 wurde in Deutschland das Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen, abgekürzt: Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG, später Kreislaufwirtschaftsgesetz, KrWG), verabschiedet.

Dieses formulierte die Grundsätze der ausdrücklich angestrebten Kreislaufwirtschaft wie folgt:
„Abfälle sind in erster Linie zu vermeiden, insbesondere durch die Verminderung ihrer Menge und Schädlichkeit, in zweiter Linie stofflich zu verwerten oder zur Gewinnung von Energie zu nutzen
(energetische Verwertung).“ Zweck der Kreislaufwirtschaft ist demnach die Schonung natürlicher Ressourcen, aber auch der Schutz von Mensch und Umwelt (§ 1 KrWG). Inzwischen definiert die EU-Abfallrahmenrichtlinie den Übergang zur Kreislaufwirtschaft als Ziel. Sie verlangt von den Mitgliedstaaten ausdrücklich z. B. die Förderung nachhaltiger Produktions- und Konsummodelle und einer langlebigen Gestaltung und Reparierbarkeit von Elektrogeräten, Maßnahmen gegen Lebensmittelverschwendung und geplante Obsoleszenz und Informationskampagnen. Zugleich kann die Betonung solcher Aspekte in den schon bis 5. Juli 2020 umzusetzenden Änderungen durch die Richtlinie (EU) 2018/851 als Abbild einer politischen Einsicht erkannt werden, dass in der Realität der Trend zu Einwegware, kurzen Lebenszyklen, extremen Beförderungswegen globaler Stoffströme und zur Wegwerfmentalität entgegen den Lippenbekenntnissen der Marktteilnehmer ungebrochen scheint.

 

Grundlagen für einen Transformationsprozess hin zu einer Circular Economy

Die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie und die UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung präsentieren gemeinsam das Leitbild für die Transformation zu einer nachhaltigen Wirtschaft zu einer Circular Economy.

Der Begriff „Kreislaufwirtschaft“ im Sinne des EU Aktionsplans umfasst alle Phasen der Wertschöpfung von der Produktgestaltung und Produktion bis hin zu Verbrauch, Reparatur, Abfallbewirtschaftung und sekundären Rohstoffen, die in die Wirtschaft zurückgeführt werden.

In Deutschland gibt das Kreislaufwirtschaftsgesetz eine rechtliche Definition, die bestimmt, wie der Begriff „Kreislaufwirtschaft“ im Rahmen des Gesetzes verwendet wird: „Kreislaufwirtschaft im Sinne dieses Gesetzes sind die Vermeidung und Verwertung von Abfällen“ KrWG §3 (19).

 

Circular Economy – Rohstoffe und Ressourcen

Mit Kreislaufwirtschaft wird zum einen die Entsorgungswirtschaft bezeichnet, zum anderen wird darunter ein zirkuläres Wirtschaften verstanden. Letzteres meint eine Abkehr von der bisherigen häufig linearen Wirtschaftsweise hin zu einer stärker nachhaltigen, ressourceneffizienten und klimaneutralen Wirtschafts- und Lebensweise.

 

Kreislaufwirtschaft versus Linearwirtschaft!

Eine Kreislaufwirtschaft ist ein regeneratives System, in dem Ressourceneinsatz und Abfallproduktion, Emissionen und Energieverschwendung durch das Verlangsamen, Verringern und Schließen von Energie- und Materialkreisläufen minimiert werden. Dies kann durch langlebige Konstruktion, Instandhaltung, Reparatur, Wiederverwendung, Remanufacturing, Refurbishing und Recycling erzielt werden.

Das Gegenteil zur Kreislaufwirtschaft wird zumeist Linearwirtschaft (auch „Wegwerfwirtschaft“) genannt. Dabei wird ein Großteil der eingesetzten Rohstoffe nach der jeweiligen Nutzungsdauer der Produkte deponiert oder verbrannt und nur ein geringer Anteil wird einer Wiederverwendung zugeführt.

 

„R-Strategien“ der Kreislaufwirtschaft

Das Ziel der Kreislaufwirtschaft ist, Produkte, Komponenten und Materialien in ihrem höchsten Nutzen und Wert erhalten, Lebenszyklen verlängern, um damit Abfall und Ressourcenverbrauch zu reduzieren. Hierfür gilt es, die „R-Strategien“ konsequent anzuwenden.

 

Zirkuläre Wirtschaft

Das Konzept der zirkulären Wirtschaft ist inzwischen fester Bestandteil der Forschungs- und Innovationsförderung. Ein besonderer Treiber für das Thema ist aktuell der Klimaschutz. Denn auch hier kann der schonende Umgang mit Ressourcen viel bewirken.

 

Zirkuläres Wirtschaften

Circular Economy hat die Umstellung der Wertschöpfung zum Ziel – weg von der linearen Wegwerfgesellschaft hin zum zirkulären Modell. Zirkuläres Wirtschaften bedeutet, Rohstoffe so lange und so häufig wie möglich zu nutzen und natürliche Ressourcen im Idealfall in Kreisläufen zu führen, ohne neue Ressourcen zu verbrauchen. Dazu gehört auch, Geschäftsmodelle neu zu denken.

Circular Economy steht somit im Dienst der nachhaltigen Entwicklung und hat das Potenzial, ein sozialverträgliches Wirtschaften innerhalb der ökologischen Grenzen zu ermöglichen.

 

Zirkuläre Wertschöpfung

Die zirkuläre Wertschöpfung stellt ein wirtschaftliches System dar, das restaurativ und regenerativ arbeitet. Es ersetzt das End-of-Life-Konzept durch geschlossene Kreisläufe und vermeidet beziehungsweise verwertet Abfälle, indem es Materialien, Produkte, Systeme sowie Geschäftsmodelle entsprechend ganzheitlich gestaltet. Folglich sind Stoffstrom und Energiesystem nachhaltig, die Klima- und Umweltbelastungen minimal.

 

„Zirkuläre Wertschöpfung“ – ein industriepolitisches Innovationskonzept

Mit diesem Konzept sollen die Produktentwicklung, der Produktionsprozess und die Geschäftsmodelle so gestaltet werden, dass Ressourcen möglichst lange ohne Verlust in Kreisläufen geführt werden können. Dies trägt zur Ressourcenschonung, zum nachhaltigen Wirtschaften und zum Klimaschutz bei. Hier ist noch sehr viel Luft nach oben, denn aktuell sind nur 8,6 % der globalen Weltwirtschaft zirkulär (Circularity Gap Report 2020).

Dieses Konzept der zirkulären Wirtschaft geht weit über klassisches Rohstoff-Recycling hinaus. Es schließt alle Maßnahmen ein, die zu mehr Ressourceneffizienz führen. Somit hat es großen Einfluss auf Produktportfolios und Geschäftsmodelle – insbesondere in der chemischen Industrie, die seit einigen Jahren besonders intensiv an zirkulären Konzepten arbeitet.

Eine sozial und ökologisch konsequent aufgebaute Circular Economy übernimmt die Schlüsselrolle für klimaneutrale und wettbewerbsfähige Industrieländer, den Einsatz von Primärrohstoffen zu reduzieren und damit die Umwelt und Natur in Abbaugebieten zu entlasten, und um nicht zuletzt auch die nationalen Klimaziele zu erreichen.

Deshalb wird die Zirkuläre Wirtschaft künftig zum zentralen Bestandteil der erfolgreichen Unternehmensführung.

Mit der Beantwortung zentraler Fragen ...

  • Wie lassen sich Wachstum und Ressourcenverbrauch entkoppeln?
  • Wie kann es gelingen, bisher lineare Geschäftsmodelle weiterzuentwickeln?

... beschäftigt sich das Innovationskonzept und gewinnt somit kontinuierlich an politischer und wirtschaftlicher Bedeutung. Es ist bzw. wird wesentliches Element aktueller und künftiger Unternehmensstrategien und ist gleichzeitig Kern-Element des Green Deals der Europäischen Union.

 

Fazit: Circular Economy & Nachhaltigkeit

Das Streben nach einer Circular Economy steht zu Recht ganz oben auf der politischen Agenda. Das ganzheitliche Schließen von Stoffkreisläufen ist ein zentraler Weg für nachhaltiges Wirtschaften und damit auch für das Erreichen der Klimaziele.

Eines ist allen Beteiligten bewusst: Es wird ein langer Atem nötig sein, bis aus erfolgreichen Pilotprojekten wirtschaftlich tragfähige Lösungen entstehen. Aber sie werden entstehen.

 

Vorausschau mit pragmatisch-solidem Optimismus

Schon vor mehr als 2.500 Jahren konstatierte Heraklit von Ephesus, 535-475 v. Chr., „Nichts ist so beständig wie der Wandel.“ Wie zeitlos und wahr!

Ein wettbewerbsfähiges Europa unter Erreichung ökologischer Zielsetzungen ist systematisch anzustreben und notwendig. Die anstehende Transformation ist nur dann wirklich „nachhaltig“, wenn in deren Umsetzung gemeinsam eine fein ausgewogene Balance zwischen Wettbewerbsfähigkeit, Umwelt- und Klimaschutz sowie gesellschaftlicher Verantwortung erarbeitet wird. Wenn wir es schaffen, so konsequent Produktion und Konsum in unserer Wirtschaft auf Basis verantwortungsvollen Verhaltens mit ambitionierter Agilität zu organisieren, wird es für Deutschland, für Europa und für die gesamte Welt eine große Herausforderung und ebensolche Chance zugleich!

Denn Agilität beschreibt die Fähigkeit von Individuen, Teams und Organisationen, in einer sich ver- ändernden, dynamischen und unsicheren Umwelt schnell, flexibel und anpassungsfähig zu agieren. Auch und besonders in heraufordernden Zeiten wie diesen.

Autor: Thomas John

Quellen und Links zu Ministerien, Verbänden und Institutionen und zur weiterführenden Literatur:

acatech – National Academy of Science and Engineering

BDI – Bundesverband der Deutschen Industrie e. V.

BMUV – Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz

BMWK – Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz

Circular Futures

Deloitte BDI

DIN – Deutsches Institut für Normung e. V.

Fraunhofer UMSICHT

PtJ – Projektträger Jülich | Forschungszentrum Jülich Gmbh

VCI – Verband der Chemischen Industrie e.V.

vdi nachrichten

VDI – Verein Deutscher Ingenieure e.V.

VDMA e. V.

Wikipedia

WIRTSCHAFT.NRW INDUSTRIE.KLIMASCHUTZ.ENERGIE – Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen

WWF

ZVEI e. V. – Verband der Elektro- und Digitalindustrie

 

Verordnungen, Richtlinien, Gesetze

 

BMUV:

www.bmuv.de/gesetz/kreislaufwirtschaftsgesetz
3.9.2022 - Kreislaufwirtschaftsgesetz KrWG

Eurostat:
https://ec.europa.eu/eurostat/databrowser/view/cei_srm030/default/bar?lang=de